Vom Anstreicher zum Texter

Dr.in Heidemaria Abfalterer


Wie ich zur glorreichen Feldherrin wurde

Ich öffne die schwere Holztür, die zurück auf die Straße führt, und fühle mich wie eine Feldherrin nach der gewonnenen Schlacht. Woher ich komme? Vom Vorstellungsgespräch für meinen 1. Texter/innen-Job. „Wo sehen Sie sich in 5 Jahren?“, fragt mich der CEO des Start-ups. - „Als Content-Texterin mit eigenem Business…“ höre ich mich - über mich selbst erstaunt - sagen.

Nicht gerade hilfreich, wenn man eine fixe Stelle anstrebt. Da haben Sie recht. Aber dieser eine Satz war mehr. Er war wie das plötzliche Aufklaren des Himmels nach wochenlangem Schlechtwetter. Intensiv blau, gestochen scharfe Konturen: Die Geburt des strategischen Schlachtplans. Endlich überschritt ich die mir auferlegten Grenzen und artikulierte, was vorher nur vage in meinem Unterbewusstsein existiert hat.

Die Geschichte handelt um …

Wie oft habe ich diese Formulierung in Schüler/innen-Aufsätzen gelesen. Was? Ihnen fällt an dem Satz gar nichts auf? Dann ist es vielleicht ja nur kleinliche I-Tüpftel-Reiterei: Ich schreibe in den Korrekturrand zum x-ten Mal: entweder: … handelt von … oder: … geht es um
Noch während ich in Rot herumkritzle, erfüllt mich ein einziger Gedanke: Flucht! Ich muss unbedingt noch die Fenster putzen, den Geschirrspüler ausräumen, die Sohlen der Trekkingschuhe vom Dreck des letzten Spaziergangs befreien … Der 30-cm-Stapel schrumpft aber nicht von selbst. Die Zeit drängt, das Wochenende ist schon fast vorbei.

Ein Wagnis: Die Trapez-Nummer

„Was willst du denn sonst machen?“ fragen die Kolleg/inn/en. „Keine Ahnung. Ich weiß nur, dass ich diesen Job keine Tag länger machen will.“ Ich habe mich entschieden: Ich lasse das eine - sicher in der Hand liegende - Trapez aus, obwohl ich nicht weiß, ob ich ein anderes zu fassen bekomme. Aber: Mein Sicherheitsnetz spannt sich aus und ich erkenne:

Wofür ich brenne

Wie ein Kind, das mit bunten Legosteinen etwas baut und sich gleichzeitig in eine eigene Welt hievt. Der Texter fühlt sich so ähnlich: Er schafft etwas Neues, erfreut sich am bunten Treiben der Buchstaben, die sich zu Sätzen und Absätzen gruppieren. Flowgefühl!
Anders als beim Reden habe ich beim Schreiben viel mehr Zeit zum Nachdenken. Ich ringe um das passende Wort oder eine gute Überschrift, feile an der Formulierung. Das fordert & fesselt, sodass ich dabei (fast) alles vergesse. Das macht aber nichts, denn regelmäßig passiert ein kleines Wunder: ein fertiger Text. Fasziniert sitze ich vor diesem Konstrukt, das sich jedes Mal aufs Neue selbst erfindet.

Plötzlich ist es … umwerfend einfach

Die Worte entfalten genau in dieser Kombination ihre volle Wucht und Schönheit. Gleichzeitig machen sie aus mir wieder das Kind, das fasziniert überdimensionale Buchstaben malt und diese zu bunten Sinnketten auffädelt. Und so wurde ich vom Fehler-Anstreicher zur Feldherrin meiner Zukunft.

Schreiben ist (k)eine Kunst.

Wer beim Content spart,
den bestraft…
Google. Das Leben. Die Kundin.

Die Macht der Worte nutzen. Das Spiel mit Worten genießen. Als Person wachsen.

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